Obwohl mittlerweile viele regulatorische Rahmenbedingungen für die Wasserstoffwirtschaft geklärt wurden und auch der Beschluss für das Wasserstoff-Kernnetz getroffen wurde, bleibt die Anzahl der Projekte mit Investitionsentscheidung gegenüber den Planungen stark zurück. Deshalb begrüßten acht Norddeutsche Netzwerke rund 250 Expert:innen der Energiebranche bei der 2. Norddeutschen Wasserstoff-Konferenz in Hamburg. In mehreren Podiumsdiskussionen wurde von namhaften Industrieexperten erörtert, welche Ursachen und Lösungsansätze es hierfür gibt – sowohl für Erzeugungsanlagen in Deutschland als auch für Projekte, bei denen Wasserstoff importiert werden soll. Für Niedersachsen gibt es drei Erkenntnisse aus der Konferenz.
Pragmatismus vor Perfektion
Mit dem Delegated Act der Europäischen Union zur Definition von grünem Wasserstoff wurden strenge Regeln aufgestellt, wann produzierter Wasserstoff als grün bezeichnet werden kann. Zu streng, befanden die Expert:innen auf dem Podium und die Gäste im Saal. Der Vorstoß von Robert Habecks eine Verschiebung der zeitlichen Fristen zu bewirken, insbesondere für die Zusätzlichkeit, wurde begrüßt. Insgesamt kam der Ruf nach mehr Pragmatismus in der Regulatorik bevor wir die detaillierten Forderungen für die Produktion von grünem Wasserstoff erfüllen können.
Der Mittelstand braucht Perspektiven
Beim Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft wurden bisher insbesondere die großen Abnehmer wie die Stahl- und Chemieindustrie berücksichtigt. Das zeigt sich in Fördermaßnahmen genauso wie beim Ausbau des Wasserstoff-Kernnetzes. In Deutschland haben wir eine große mittelständische Industrie, die ebenfalls dekarbonisieren muss und jetzt Perspektiven braucht, um in die Transformation zu investieren. Deshalb braucht es Pläne für die Umwidmung von Verteilnetzen, um Wasserstoff auch zu kleineren, industriellen Verbrauchern zu transportieren. Insbesondere in Südniedersachsen wird das eine wichtige Rolle spielen.
Es fehlt eine Speicherstrategie
Angekündigt für Ende 2024 ist mittlerweile nicht mehr mit einer Speicherstrategie der noch amtierenden Bundesregierung zu rechnen. Dabei ist sie von enormer Bedeutung für das künftige Energiesystem. Forschungsprojekte in Niedersachsen und Brandenburg haben gezeigt, dass Wasserstoff in unterirdischen Salzkavernen eingespeichert werden kann und so maßgeblich zur Versorgungssicherheit in Deutschland beitragen kann. Niedersachsen kommt hier eine Schlüsselrolle zu, da geologische Besonderheiten für potentielle Salzkavernenspeicher insbesondere an der Nordseeküste vorkommen. Aktuell werden in Deutschland rund 70 Kavernen für die Speicherung von Öl und Gas genutzt. Diese können aber nicht umgerüstet werden, solange wir sie als aktive Speicher nutzen. Das bedeutet, wir müssen weitere Speicher ausbauen. Neben den Planungs- und Genehmigungsverfahren dauert aber vor allem auch der Prozess der Bereitstellung einer solchen Kaverne mehrere Jahre. Darüberhinaus ist der Prozess sehr kostenintensiv. Deshalb ist es wichtig hier Fortschritte in 2025 zu machen, damit Investitionen in neue Speicher unternommen werden und diese dann Anfang der 30er Jahre bereit stehen.
Mehr Resilienz beim Import
Mittlerweile ist es Konsens, dass wir beim Import von Energie diversifizieren und auf mehrere, verlässliche Partner setzen müssen. Gleichzeitig muss insbesondere der Fokus auf Importe über die Seehäfen in Norddeutschland gestärkt werden, da die Umsetzung von Pipeline-Projekten teils langwierig und teils unsicher ist. Ein zuverlässiger Import von Wasserstoff setzt also auf Häfen und Pipelines. Deshalb müssen die Nordländer die Weiterentwicklung der Häfen stärker vorantreiben.
Zur gemeinsamen Pressemitteilung.
Die 3. Norddeutsche Wasserstoff-Konferenz findet im November 2025 im Rostock statt.
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