PROJEKTE

©SEH/creanovo - motion & media design GmbHQuelle: NWN/Rainer Jensen

Beim Wasserstofftransport muss auf die Materialqualität der Werkstoffe geachtet werden.

Qualifizierung von metallischen Werkstoffen in Wasserstoffatmosphäre unter zyklischen Lasten

Für den erfolgreichen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft kommt der entsprechenden Wasserstoff-Infrastruktur eine zentrale Bedeutung zu. Denn nur wenn der Wasserstoff von den Erzeugungs- und Importzentren im Norden sicher zu den Verbraucherzentren im Süden transportiert werden kann, wird die Transformation hin zur Wasserstoffwirtschaft gelingen. In Deutschland sind die Voraussetzungen aufgrund des gut ausgebauten Gasnetzes prinzipiell sehr gut, allerdings kann Wasserstoff – insbesondere an den Verbindungsstellen der Leitungen – negative Auswirkungen auf die Festigkeit und Sprödigkeit metallischer Werkstoffe haben. Um dies zu verhindern, soll in einem vom Land Niedersachsen geförderten Projekt der Hartmann Valves GmbH, des Deutschen Instituts für Kautschuktechnologie und des Instituts für Werkstoffkunde (IW – Leibniz Universität Hannover) ein verspröderesistenter Werkstoffverbund entwickelt werden, mit dessen Hilfe eine dauerhafte Abdichtung ermöglicht werden soll.

Das Gas-Leitungsnetz in Deutschland bietet mit einer Länge von 500.000 Kilometern und zahlreichen Gasspeichern potenziell enorme Speichermöglichkeiten für regenerativ erzeugten Wasserstoff. Es liegt also auf der Hand, die bereits bestehende Infrastruktur im Zuge der Energiewende weiter zu nutzen und auf Wasserstoff umzustellen.

„Gerade in Niedersachsen haben wir mit den Kavernen-Speichern und den Import-Möglichkeiten an der Küste beste Bedingungen zum Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffinfrastruktur. Dieses Potenzial wollen wir heben, indem wir bestehende Gasinfrastruktur auf den Betrieb mit klimafreundlichem Wasserstoff umrüsten“

Christian Meyer

Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz

Bei der Durchleitung von Wasserstoff können bei den eingesetzten Metallen – insbesondere an den Verbindungsstellen der Leitungen – die mechanischen Werkstoffeigenschaften jedoch herabgesetzt werden. Dies kann letztlich zu einem Werkstoffversagen führen, welches bei sicherheitsrelevanter Infrastruktur ausgeschlossen werden muss. Insbesondere bei den sogenannten „Flanschverbindungen“, welche die einzelnen Bauelemente und Leitungen des Erdgasnetzes miteinander verbinden, braucht es daher Werkstoffe, die resistent gegen Versprödung sind.

Genau diese Werkstoffe werden im Rahmen des Projekts „Qualifizierung von metallischen Werkstoffen in Wasserstoffatmosphäre unter zyklischen Lasten“ entwickelt. „Wir wollen in dem Projekt eine wasserstoffdichte flexible Beschichtung entwickeln, die auch bei höheren Wärmeausdehnungen und Schwingungen des Wasserstoff-Transportsystems zuverlässig dicht bleibt. Damit soll eine vorzeitige Alterung des Stahls infolge von Wasserstoffversprödung verhindert werden“, so Christian Hartmann, Geschäftsführer vom Projektpartner Hartmann Valves GmbH.

Hierfür werden im Projekt verschiedene Teilziele verfolgt. Zunächst ist in Teilziel 1 die „Qualifizierung“, also der Test der Tauglichkeit der metallischen Werkstoffe für Wasserstoffanwendungen unter zyklischen Beanspruchungen vorgesehen. Hierdurch sollen Grenzwerte für die maximale Beanspruchung entwickelt werden.

In Teilziel 2 wird ein formfester, aber elastischer Kunststoff (Nanokomposit) entwickelt und erprobt, der aufgrund seiner Elastizität einer zyklischen Belastung standhält. Zudem wird ein Füllstoff entwickelt, sodass kein Wasserstoff den Werkstoff durchdringen kann. Die Beschichtung soll letztlich dafür sorgen, dass der Kontakt zwischen der kritischen Flanschverbindung und der sogenannten „Wasserstoffatmosphäre“ innerhalb der Leitung reduziert wird. „Der neu entwickelte Werkstoff ist gegenüber kleinen Molekülen wie Wasserstoff hochdicht. Diese Dichtigkeit erreichen wir durch speziell entwickelte Verarbeitungsprozesse und die Nutzung von geeigneten innovativen Materialien, die sich durch eine hohe Barrierewirkung gegenüber Wasserstoff ausweisen“, führt Prof. Ulrich Giese vom Deutschen Institut für Kautschuktechnologie die Besonderheiten des Projekts auf.

Damit das Beschichtungsverfahren erfolgreich sein kann, ist im Rahmen von Teilziel 3 vorgesehen, die Haftung zwischen dem Kunststoff (aus Teilziel 2) und dem Metall an den Innenseiten der Armaturen zu ermöglichen. Schließlich soll in Teilziel 4 ein Ermüdungsprüfstand entwickelt werden, der zyklische mechanische Einflüsse auf den Werkstoff abbildet und gleichzeitig die Wirkung von Wasserstoff auf den Werkstoff berücksichtigt. Hierdurch kann die Verwendbarkeit der neu entwickelten Komponenten in bereits bestehender Infrastruktur sichergestellt werden.

Prof. Hans Jürgen Maier vom Institut für Werkstoffkunde der Leibniz Uni Hannover betont die Bedeutung des Vorhabens für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft: „Mit dem Projekt wollen wir dazu beitragen, die Sicherheit beim Lagern und beim Transport von Wasserstoff zu erhöhen. Das dabei erworbene Wissen kann zukünftig als Grundlage dienen, um bereits bestehende Komponenten für Wasserstoffanwendungen umzunutzen und somit zum Aufbau einer sicheren und resistenten Wasserstoff-Infrastruktur beizutragen“

Das Projekt wird von der Hartmann Valves GmbH, dem Deutschen Institut für Kautschuktechnologie sowie dem Institut für Werkstoffkunde (IW) der Leibniz Universität Hannover durchgeführt und soll bis Herbst 2025 abgeschlossen werden. Das Land Niedersachsen fördert das Vorhaben mit knapp 800.000 Euro.

Bleiben Sie informiert – mit unserem Newsletter „NWN direkt…“

Sie möchten über diese und andere spannende Wasserstoff-Projekte aus Niedersachsen informiert bleiben? Dann melden Sie sich bei unserem Newsletter an!