Credit DBT Inga HaarQuelle: NWN

Wasserstoff aus Jordanien trotz Wassermangels?

Ziel der niedersächsischen Landesregierung ist es, Niedersachsen zu Tor und Drehscheibe erneuerbarer Energien zu machen. Mit seinen Tiefseehäfen hat das Bundesland ideale Voraussetzungen für den Import von grünem Wasserstoff. Die EU hat für solche Energiepartnerschaften bereits Vereinbarungen mit Namibia und Ägypten abgeschlossen. Auch Jordanien überlegt in den Export von Wasserstoff einzusteigen.

Jordanien verfügt im Durchschnitt über etwa 300 Sonnentage pro Jahr – und kann potenziell hohe Mengen an erneuerbarem PV-Strom erzeugen. Hierdurch bietet das Land prinzipiell gute Bedingungen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und den Export von grünem Wasserstoff. Auf der anderen Seite ist jedoch die Menge von Wasser im Land limitiert, weshalb Nutzungskonflikte auftreten könnten.

Im Rahmen des vom Wuppertal Institut geleiteten und vom Auslandsbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Jordanien unterstützten Deutsch-Jordanischen Wasser-Wasserstoff-Dialogs wurden daher Möglichkeiten für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Jordanien thematisiert – unter Berücksichtigung der kritischen Situation im Wassersektor. NWN-Projektleiter Dr. Alexander Bedrunka war in dem Dialog vertreten und berichtet von der Situation in Jordanien.

Ende September startete der erste Teil des Dialogs mit dem Besuch einer jordanischen Delegation in Wuppertal. Hier wurden neben verschiedenen Präsentationen rund um die Themen Wasser und Wasserstoff auch Praxisbeispiele wie die Müllverbrennungsanlage in Wuppertal gezeigt. Dr. Alexander Bedrunka war eingeladen, die niedersächsische Wasserstoffwirtschaft sowie Leuchtturmprojekte vorzustellen, die für Jordanien von Interesse sein könnten. „In den letzten Jahren ist in Niedersachsen eine Vielzahl an Wasserstoff-Projekten entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstanden. Für Vertreter aus einem Land wie Jordanien, welches beim Thema Wasserstoff noch ganz am Anfang steht, war es deshalb interessant zu sehen, wie vielfältig die Projekte bei uns sind“, so Bedrunka.

Der zweite Teil des Dialogs fand Ende Oktober mit einer deutschen Delegation in Jordanien statt, bei der Dr. Alexander Bedrunka ebenfalls vertreten war. Ziel des Workshops war die Identifikation von potentiellen Wasserstoffanwendungen für Jordanien unter dem Gesichtspunkt der vorhandenen Wasserknappheit.

 

Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Jordanien – welche Handlungsmöglichkeiten gibt es?

 

 

„Anders als in Niedersachsen mit der Stahlindustrie ist in Jordanien keine Industrie vorhanden, die große Mengen an Wasserstoff zur Dekarbonisierung benötigt und somit den Aufbau einer großflächigen Wasserstoffwirtschaft für den inländischen Nutzen rechtfertigen würde. Darüber hinaus ist die Langfristspeicherfähigkeit von Wasserstoff ebenfalls nicht zwingend erforderlich, da Jordanien über durchschnittlich 300 Sonnentage im Jahr verfügt. Für die Speicherung von überschüssiger Energie kommen daher eher Batterie- und Pumpspeicher zum Einsatz.“

 

Dr. Alexander Bedrunka, NWN-Projektleiter

Quelle: NWN/Rainer Jensen

Jordaniens zweitgrößter CO2-Emmitent nach der Industrie ist der Mobilitätssektor mit 45 %. Um den CO2-Ausstoß zu verringern, wird in Jordanien viel in Elektromobilität investiert. Momentan sind 40.000 batterieelektrische Fahrzeuge zugelassen und monatlich kommen 1.000 E-Fahrzeuge hinzu. Der Einsatz von Wasserstoff insbesondere für Sonder- und Nutzfahrzeuge könnte die CO2-Reduktion beschleunigen, jedoch müsste dazu ähnlich wie in Deutschland parallel zu den Ladesäulen eine H2-Tankstelleninfrastruktur aufgebaut werden.

Zudem ergibt es zunächst Sinn, den erneuerbaren Strom aus PV-Anlagen für den Eigenverbrauch zu nutzen, da aktuell in Jordanien noch 84 % des Energiebedarfs über Energieimporte gedeckt wird. Um den Importanteil zu reduzieren, erfolgt daher ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Ziele für 2030, 14 % des Primärenergiebedarfs und 31 % des Strombedarfs über erneuerbare Energie zu decken, wurden (voraussichtlich) bereits 2021 erreicht. „Aufgrund des hohen PV-Potentials stellt sich in Jordanien die Frage, ob Wasserstoff künftig als Exportprodukt eine Zukunft hat“, erklärte Bedrunka.

Quelle: Wittop

Wasserstoff trotz Wassermangels? Auf Delegationsreise in Jordanien beim Workshop.

Wassermangel beschränkt potenzielle Wasserstofferzeugung

Es ist zwingend notwendig, einen Blick auf den Wassersektor in Jordanien zu werfen. Grundsätzlich ist in Jordanien weniger Wasser vorhanden, als benötigt wird. Der Bedarf steigt kontinuierlich durch den Zustrom von Flüchtlingen aus den benachbarten Ländern. Gleichzeitig ist der Wasserbestand im Land rückläufig. Viel Wasser wird für die inländische Landwirtschaft benötigt. „Die Produktion von Wasserstoff steht also auch immer im Konflikt mit anderen Wasseranwendungen. Das bedeutet nicht, dass Wasserstoff nicht grundsätzlich in Jordanien produziert werden kann, denn der Export von Wasserstoff bietet aus wirtschaftlicher Sicht ein gewisses Potential für das Land. Auf der anderen Seite gestaltet sich dieser Export, der indirekt auch den Export des Wassers mit sich ziehen würde, als schwierig“, sagte Bedrunka. Auf Grundlage der verschiedenen Impulse im Rahmen des Workshops, die aus den unterschiedlichen Sektoren kamen, identifizierten Arbeitsgruppen sowohl positive Effekte als auch negative Konsequenzen durch den Einsatz von Wasserstoff in Jordanien. Darauf aufbauend erarbeiteten die Teilnehmer Lösungsvorschläge, wie die nächsten Schritte für das Thema Wasserstoff in Jordanien aussehen könnten.

 

„Da keine großen Treiber für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft existieren, sollten zunächst dezentrale Pilotprojekte initiiert werden“, sagte Bedrunka zum Ergebnis der Delegationsreise. „Ein Fokus kann dabei auf ganzheitlichen Projekten liegen, die sich nicht ausschließlich auf den Wasserstoff bei der Elektrolyse konzentrieren, sondern Sektorkopplung berücksichtigen, also auch die restlichen Nebenprodukte wie die Abwärme und den Sauerstoff nutzen. Diese Projekte sollen auch dazu führen, Wasserstoffexpertise in Jordanien aufzubauen und entsprechende Fachkräfte auszubilden.“

Das Niedersächsische Wasserstoff-Netzwerk will die Situation in Jordanien in Zukunft weiterhin begleiten und an der Initiierung von Pilotprojekten mitwirken. Sollten Sie grundsätzlich Interesse an einer Beteiligung an möglichen Pilotprojekten in Jordanien haben, können sich gerne bei uns unter netzwerk[at]wasserstoff-niedersachsen.de melden. Sobald es in eine konkretere Phase der Projektentwicklung geht, melden wir uns im Anschluss bei Ihnen.

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